Das erste Mal war ich in Bergen-Belsen mit ungefähr 10 oder 11 Jahren. In der Schule hatten wir das Tagebuch der Anne Frank gelesen. Ich habe eigentlich zum ersten Mal erfahren, dass es Nazis gab. Dass Juden ermordet wurden, weil sie Juden waren. Zum ersten Mal habe ich von Konzentrationslagern gehört.

Mit meinen Eltern ging ich über das Gelände des Konzentrationslagers.
Anders als in den Gedenkstätten in Dachau oder Auschwitz sind keine Gebäude des ehemaligen Konzentrationslagers erhalten. Es ist ein riesengroßer Friedhof. Ich rannte von einem Massengrab zum nächsten, um zu lesen „Hier liegen 500 Tote“ oder „Hier liegen 1000 Tote“. Ich wußte, in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, lebten 700 Menschen. Und die allen würden jetzt in einem Massengrab liegen?


Seit der Zeit hat mich das sogenannte Dritte Reich nie wieder losgelassen. Ich habe mich mit dem Regime beschäftigt. Wie es überhaupt passieren konnte. Was mit den Menschen passiert ist. Mit den Juden. Mit den Behinderten Menschen. Mit allen Menschen, die keine Nazis waren. Mit den Nazis. Vieles ist immer noch nicht nachvollziehbar. Aber immer wieder gibt es Parallelen zur heutigen Zeit in Deutschland und überall auf der Welt.
Beeindruckt hat mich Janusz Korczak. Aber auch deutsche Widerstandskämpfer wie die Menschen um die Weiße Rose, Sophie Scholl. Menschen wie Georg Elsner. Eigentlich jeder Mensch in Europa, der in irgendeiner Form den Wahnsinn nicht mitmachen konnte und unter Einsatz des eigenen Lebens und auch des Lebens der nächsten Verwandten und Freunde Widerstand geleistet hatte.
Als ich von Hanna Lévy-Hass das „Tagebuch aus Bergen-Belsen 1944-1945“ in der Hand hatte, habe ich zum ersten Mal so richtig verstanden, daß diese 500 oder 1000 oder 1500 Toten in diesen Massengräbern keine homogene Masse waren. Nicht die Juden. Oder die Roma. Oder eine Gruppe einer Minderheit, die man einfach so zu einer Gruppe zusammenfaßte. Es waren Individuen. Jeder einzelne. Jeder einzelne mit seiner Geschichte. Jede Einzelne mit ihren Träumen und Hoffnungen. Kein Unterschied zu uns, die wir jetzt im 21. Jahrhundert leben.
Als Erwachsende war ich dann noch drei weitere Male in der Gedenkstätte Bergen-Belsen.
Das Dokumentationszentrum hat immer wieder neue Ausstellungen. Es gibt Filme mit Interviews von Überlebenden. Das Leben und Sterben wird dargestellt.
Bei meinem letzten Besuch sind die folgenden Bilder entstanden.
Vereinzelte Grabsteine auf dem Gelände geben den Toten einen Namen Die Bilder sind bewusst … … in schwarz/weiß gehalten… … die Gedenkstätte liegt in der Lüneburger Heide…. … farbige Fotos würden davon ablenken… … dass es sich um einen Friedhof handelt.









